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Entscheidung über Unzulässigkeit einer AGB-Bausparklausel

Datum: 22.02.2024

Kurzbeschreibung: so genannte Entgeltklausel unzulässig

Die für das Bankrecht spezialzuständige 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn hat am 22. Februar 2024 im Verfahren Rt 6 O 97/23 ein Urteil verkündet. Es handelt sich um ein vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände eingereichtes Unterlassungsklageverfahren. Darin hat die Kammer die beklagte Bausparkasse u.a. zur Unterlassung der Verwendung einer Klausel zur Erhebung eines Jahresentgelts von bis zu 36 € in der Ansparphase für die Verschaffung und Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens verurteilt.

 

Die von der Kammer für unzulässig befundene Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen lautet wie folgt:

 

㤠17 Jahresentgelt, Entgelte und Aufwendungsersatz

(1) a) Der Bausparer erwirbt nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge einen Rechtsanspruch (Anwartschaft) auf die Gewährung eines Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse. Für die Verschaffung und Aufrechterhaltung dieser Anwartschaft erhebt die Bausparkasse in der Sparphase zudem ein Jahresentgelt. Dieses kann bis zu 36 € jährlich betragen….“

 

 

Zur Begründung hat die Kammer folgendes ausgeführt:

 

„Entgegen der Rechtsauffassung der Bausparkasse ergibt eine im sog. Verbandsprozess vorzunehmende „kundenfeindlichste“ Auslegung der Klausel die Möglichkeit, dass die Bausparkasse mit dem Jahresentgelt lediglich die Aufrechterhaltung der Anwartschaft bepreist. Anwartschaft ist die bloße Verwaltungstätigkeit der Bausparkasse. Dafür spricht, dass ein Entgelt für die Hauptleistung der Verschaffung der Anwartschaft einmalig und nicht über die Laufzeit fortlaufend anfällt und die Klausel keine ratierliche Verteilung eines einmal angefallenen Entgelts auf die Laufzeit vorsieht. Eine laufzeitabhängige Jahresgebühr korrespondiert nicht mit einem einmalig anfallenden, ggf. auch ratierlich verteilten Entgelt allein für die Einräumung des Anwartschaftsrechts bei Vertragsschluss. Die Klausel lässt daher für den Verbraucher nicht eindeutig erkennen, inwieweit die Hauptleistung (Verschaffung der Anwartschaft) und inwieweit die bloße Verwaltungstätigkeit (Aufrechterhaltung der Anwartschaft) betroffen ist. Damit erweist sich die Klausel nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als kontrollfreie sog. Hauptpreisabrede, sondern als kontrollfähige Preisnebenabrede.

 

Die als bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse umschriebene Verwaltungstätigkeit, um den in § 1 Abs. 2 Satz 1 BauSparkG genannten Anspruch des Bausparers auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erfüllen, ist aber lediglich notwendige Vorleistung für die eigentliche Leistungserbringung, nämlich die Gewährung eines relativ niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmasse. Sie ist sowohl in der Darlehensphase als auch in der Ansparphase keine von der Bausparkasse zu erbringende Hauptleistung (BGH, Urteil vom 15. November 2022— XI ZR 551/21 Rn. 24). 

 

Das Aufrechterhalten der Anwartschaft bzw. des Optionsrechts ist hierbei zwingende Folge der Hauptleistungspflicht der Beklagten in der Sparphase, d.h. der Einräumung dieses Anwartschaftsrechts bei Abschluss des Bausparvertrages. Die damit verbundene Wirkung in die Zukunft (oder Leistungsanspannung für die Bausparkasse während der Ansparphase) ist vertragsimmanent und begründet keine weitere eigenständige Hauptpflicht, sondern ist letztlich die reflexhafte Folge des vertraglich eingeräumten Optionsrechts.

 

Die so verstandene Entgeltklausel der Beklagten hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand, weil sie gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, ohne dass die Beklagte die Indizwirkung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB widerlegt hat. Auch kollektive Gesamtinteressen der Bauspargemeinschaft rechtfertigen die Erhebung eines Jahresentgelts in der Ansparphase nicht. Mit einem Jahresentgelt, das für die bauspartechnische Verwaltung und Steuerung des Kollektivs sowie die Führung der Zuteilungsmasse berechnet wird, wird kein Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens geleistet, der geeignet wäre, die mit ihrer Erhebung für den einzelnen Bausparer verbundenen Nachteile aufzuwiegen. Das Jahresentgelt fließt nicht in die dem Kollektiv der Bausparer für die Zuteilung von Bauspardarlehen zur Verfügung stehende Zuteilungsmasse im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauSparkG, sondern stellt für die Beklagte eine Ertragsposition dar, die das Jahresergebnis erhöht.“

 

 

Ein weiteres anhängiges Verfahren (Az. Rt 6 O 179/23), in dem es auch um eine Jahres-Entgeltklausel in der Sparphase geht, allerdings in den Allgemeinen Bausparbedingungen für einen sog. Wohn-Riester-Bausparvertrag nach AltZertG, ist Verkündungstermin auf Donnerstag, den 7. März 2024, 10:00 Uhr, bestimmt.

 

 

Morgenstern

Richterin am Landgericht

Stv. Pressesprecherin

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